Im Gespräch mit Kultusminister Piazolo - Ein kritisch-konstruktiver Austausch am 23.03.2022

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Das „Team Schule“ im kritisch-konstruktiven Blick von Herrn Staatsminister Prof. Dr. Michael Piazolo und dem BSV

In einem intensiven Online-Austausch auf Augenhöhe zwischen dem Bayerischen Kultusminister Prof. Dr. Michael Piazolo und Vertretern der Vorstandschaft des BSV wurde unter Leitung des BSV-Landesvorsitzenden Andreas Fischer am 23. März 2022 die aktuelle Lage an Grund-, Mittel- und Förderschulen in den Fokus genommen.

Ausgehend von den aktuell hohen Inzidenzfällen wurde beim Thema „Corona“ von Andreas Fischer die neue Maskenregelung, die zwischen Schülern und Lehrern unterscheidet, hinterfragt. Dem Kultusminister sei – so seine Aussage – das Spannungsfeld Lehrer- und Schülergesundheit bewusst. Bayern entschied sich für den jetzigen Stufenplan, um das plötzliche Wegfallen vieler Beschränkungen ab 02. April 2022, geregelt durch das Bundesgesetz, abzufedern. Auch bieten die Pooltestungen an Schulen nach wie vor eine sichere Möglichkeit, mit Corona infizierte Schülerinnen und Schüler schnell zu identifizieren und zu isolieren. Insgesamt war man sich einig, dass das Testsystem SCHUI nach anfänglichen Schwierigkeiten mittlerweile recht stabil läuft. Der Verbesserungsvorschlag des BSV-Landesvorsitzenden, den Genesenenstatus ins System einzupflegen, wurde seitens des Ministers gerne aufgenommen und werde weitergeben.

Im Themenblock „Flüchtlinge aus der Ukraine“ wurde von der stellvertretenden Landesvorsitzenden, Sandra Lautermann und Rupert Beck, dem Landesschatzmeister des BSV, klar dargestellt, dass die verschiedenen angedachten Modelle wie schulartübergreifende Pädagogische Willkommensgruppen, die Aufnahme in Regelklassen oder in besondere Klassen bzw. Unterrichtsgruppen seitens des BSV prinzipiell begrüßt werden. In Frage gestellt wurde jedoch deutlich, mit welchen „Köpfen“ das Rahmenkonzept umgesetzt werden soll. Bereits die Coronakrise habe das „Team Schule“ an seine Grenzen geführt. Die Fragen wären, woher soll das nun zusätzlich benötigte Personal kommen und wer soll für die Akquise zuständig sein? Zudem wurde neben einem klaren Rahmen und Erleichterungen für die Schulleitungen und Lehrer durch die BSV-Vertretung um einen unbürokratischen Handlungsspielraum gebeten. Dem Kultusministerium sei, so die Antwort, die schwierigen und herausfordernden Situationen  beider Krisen, vor allem mit der sehr dünnen Personaldecke bewusst. Kultusminister Piazolo bedankte sich noch mal ausdrücklich bei allen für die bisher immens geleistete Arbeit. Bezogen auf die Flüchtlingssituation stehe man aktuell noch vor vielen Unklarheiten, die eine sichere Planung derzeit fast unmöglich mache. Nur mit Offenheit, Flexibilität, dem Ausnutzen von Handlungsspielräumen und dem Akzeptieren von Abstrichen könne es uns gemeinsam gelingen, die auf uns zurollende Herausforderungen zu meistern, so die ministerielle Aussage. Personell sei angedacht, bekannte Strukturen aus der Coronazeit weiter auszubauen, ein Portal einzurichten und drei Vertragstypen zu etablieren. Das wären Verträge für den Status „Lehrkraft“, für den Status „pädagogisch Erfahrene“ und für den Status „Unterstützer“. Die BSV-Vertretung legte hier nochmal den Fokus auf die zwingende Notwendigkeit einer sehr verschlankten Bürokratie, um die geflüchteten Kinder und Jugendlichen bei uns gut betreut ankommen lassen zu können und auch ins Schulleben integrieren zu können. Zurzeit geht man von rund 75.000 Flüchtlingen in Bayern aus; die Kinder werden über kurz oder lang zu uns an die Schule kommen. Bereits für nächstes Schuljahr muss die Flüchtlingssituation im Rahmen der Klassenbildung bei der Obergrenze/Schülerzahlen eingeplant werden.

Stefanie Horinek, die Landesgeschäftsführerin des BSV, stellte im dritten Block die Sorgen und zum Teil auch den Unmut von Schulleitungen vor, die beim BSV aber auch im OWA gemeldet wurden. Seit zwei Jahren arbeiten viele der an Schule Beteiligten am Limit, der Personalschlüssel  sei einfach nicht ausreichend. Es stünden zu oft keine mobilen Reserven zu Verfügung. Ungleichbehandlungen zwischen den verschiedenen Lehrämtern sorgen zudem für Enttäuschung und Verärgerung. Viele nicht zwingend notwendige Abfragen, terminiert geforderte Konzepterstellungen und Projekte belasten den ohnehin schon herausfordernden schulischen Leitungsalltag unnötig. Die Fragestellung „Wie soll/kann ich als Schulleitung das alles gut schaffen?“ rückt vermehrt ins Zentrum. Das Berufsbild Schulleitung habe sich komplett verändert, man verwalte oft im Alleingang Mängel – man gestalte  nicht mehr.  Ein Ende dieser Situation sei nicht wirklich in Sicht. Dafür aber Schulleitersstellen, die schlecht nachbesetzt werden und öfter ausgeschrieben werden müssen. Wünschenswert wären Schwerpunktsetzungen, mehr Freiräume und Perspektiven seitens des Arbeitgebers.

Kultusminister Piazolo nahm die Ausführungen von Frau Horinek sehr ernst. Er zeigte sich der schwierigen Lage und auch der oft überschrittenen Grenzen bewusst. Man müsse aber insgesamt bedenken, so Piazolo, dass die letzten beiden Schuljahre keine „normalen“ Schuljahre gewesen seien, die alle gefordert hätten. Auch das aktuelle werde kein normales werden. Man müsse schauen, wie man der aktuellen Lage begegnen und auch für Erleichterungen sorgen könne.

Damit war der Austausch inhaltlich auch schon beim letzten Punkt „Ausblick und Perspektiven“ angelangt, der wieder von Andreas Fischer übernommen wurde.

Für Kultusminister Piazolo sei es wichtiger denn je, Krisen auch als Chancen zur Weiterentwicklung zu sehen und daraus innovative Kräfte für Schulentwicklungsprozesse zu ziehen. Perspektivisch werden sich die Aufgaben von Schulleitungen verändern, neue dazu kommen, Schule wird sich verändern. Das „Kerngeschäft“ bleibe aber der Unterricht.

Gleichzeitig stellte der Minister in Aussicht, dass diese Prozessgestaltung nicht alleine durch Mitarbeiter vom KM erfolgen soll. Schon zeitnah sollen weitere Austauschrunden mit dem BSV stattfinden, was Andreas Fischer sehr begrüßte.

Auch machte der BSV-Landesvorsitzende deutlich, wie wichtig es sei, den Blick jetzt schon nach vorne zu richten und auch an eine „Zeit danach“ zu denken.  Fischer gab bekannt, dass sich der BSV damit inhaltlich intensiv beschäftigt und in einem Positionspapier zur aktuellen Gesamtlage Haltungen, Anregungen und Forderungen zusammengestellt habe , um das „Team Schule“ qualitativ zu erhalten und weiterzubringen. Das Positionspapier werde zeitnah an Kultusminister Piazolo gesendet.

Im Resümee bedankte sich Andreas Fischer bei der Ltd. MRin Eva Maria Schwab, beim persönlichen Referenten des Staatsministers, Johannes Lindinger, und im Besonderen bei Kultusminister Piazolo ausdrücklich für das wertschätzende, offene, auf Dialog ausgerichtete Gespräch. Zudem freue sich der BSV auf die angedachte „Taskforce Schulleitung“ angesiedelt beim KM.

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